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    Tagebuch 3: Meiringen-Guttannen, Di 17.8.2010

    Durchs Haslital

    Unübersehbar und stolz steht das Hotel Bären an der Hauptstrasse des kompakten 315-Seelen-Dorfes Guttannen zwischen Innertkirchen und dem Grimselpass. Es ist der einzige Gasthof im Dorf, und das war schon 1686 so, wie ein Brief der Pomatter Säumer an die Berner Obrigkeit. Darin wollten sie «den Herren Wissenschaft zue bringen des grossen Klags und Bischwärnusses unseren Säimern und Handelslitten, das sy zu dorten im Wissland zur Guetanen in der gewohnlichen Säimer-Herbrigg zwungen wären zue ainem Wirth in der Herbrig zue sin.» Wenn man sich vergegenwärtigt, dass zu Spitzenzeiten bis zu 200 Saumtiere wöchentlich den Zoll- und Wirtsposten Guttannen passierten, kann man nicht nur den Ärger der Pomatter Säumer über das Wirtemonopol verstehen, sondern auch die wirtschaftliche Bedeutung der Säumerei für Guttannen ermessen. Heute verschaffen der Tourismus, die Grimselstrasse und die Kraftwerke Oberhasli dem Tal einige Arbeitsplätze, trotzdem ist die Schülerzahl von 120 Schülern zu Säumerzeiten auf momentan 22 Schüler gesunken.

    Romantische Stimmung im Aufstieg zum Riebgärti.
    Einzug der Säumer vor dem Hotel Bären in Guttannen.

    Punkt  sechs Uhr abends zieht der Säumertross ins Dorf ein. Niemand beklagt sich über das Wirtemonopol in Guttannen, sondern alle nehmen dankbar die herzliche Bewirtung im Bären in Anspruch. Denn hinter ihnen liegt ein gerütteltes Tagewerk. Von Meiringen zuerst auf romantischen, aber auch schmalen Wegen hinauf zum Riebgarti, dann rutschig-steil hinunter nach Wiler an der Sustenpasstrasse und von dort rund 8 Kilometer durch das enge obere Haslital bis nach Guttannen. Längst hat sich die Reihenfolge der Saumtiere herausgebildet, haben gewisse Pferde untereinander Freundschaften geschlossen und sind auf der Route nicht mehr voneinander zu trennen. Die Säumer bestehen die Bewährungsprobe hinauf zum Riedgarti mit viel Ruhe und grossartigem Geschick, und die Logistik im Hintergrund ist eingespielt.

    Auch die Wandergruppe kommt mächtig ins Schwitzen - nicht wegen der Temperaturen, sondern wegen der hohen Luftfeuchtigkeit. Besonders interessiert erwartet die in Buochs sesshafte Engelbergerin Angelika Fuchs-Waser den Etappenort Guttannen. In ihrem Kinder-Comicbuch «Sbriänzli und Späzli» erklärt sie fantasievoll, wie der Sbrinz nach Italien und dafür die Pasta in die Schweiz kam. Der Förderverein Sbrinz-Route hat nicht nur das Buch aufgelegt, sondern die Frauengemeinschaft von Guttannen beauftragt, Sbriänzli und Späzli als Stofffiguren anzufertigen. «Mit unserer Säumer-Tour wollen wir nicht nur den historischen Zusammenhalt der Randregionen wiederbeleben, sonder auch einen kulturellen und wirtschaftlichen Impuls geben», sagt dazu Josef K. Scheuber, Projektleiter und Promotor des Säumerprojekts auf der Sbrinz-Route.
    Die Säumer- und Wandergruppe nimmt ihn beim Wort, isst und trinkt ganz nach alter Säumerart und festet mit der Guttanner Bevölkerung bis in die Nacht hinein. Sie wissen, am nächsten Tag punkt acht Uhr geht’s wieder los - über den Grimselpass bis nach Obergesteln. Aber auch an die kurzen Säumernächte haben sie sich längst gewöhnt.

    Das Buch «Sbriänzli und Späzli» ist im Buchfachhandel oder über www.sbrinz-route.ch bezogen werden. 

    Angelika Fuchs